Landwirt:innen mit Heu und Stroh auf der Straße
Am 05.10.23 gegen 07.45 Uhr versammelten sich Unterstützer:innen der Letzten Generation und Landwirt:innen zu einem gemeinsamen Protest auf der Straße des 17. Juni in Berlin-Mitte. Mehrere Menschen blockieren aktuell mit einem Dutzend Heu- und Strohballen die Fahrbahn. Vor sich halten sie ein Banner mit der Aufschrift: “Klimakrise = Ernährungskrise”.
Die Biologin und Gemüsegärtnerin Amelie Deschler (34) beteiligte sich an dem friedlichen Protest. Was sie jetzt endgültig vom Acker auf die Straßen Berlins treibt, erklärt sie mit den folgenden Worten:
"Jeden Tag frage ich mich voll Sorge: Wie weit und wie lange können wir uns noch anpassen? Wo hat die Anpassung ihre Grenzen? Hier vor Ort und auf den Äckern dieser Welt? Es macht mich traurig und wütend, mir diese Fragen stellen zu müssen. Eigentlich möchte ich sie mir nicht stellen müssen. Und schon gar nicht vorrangig. Denn vorrangig muss ich doch in aller Dringlichkeit fragen: Was hindert die Regierungen dieser Welt daran, alles Erdenkliche zu tun, um die zerstörerischen Emissionen zu senken? Wir müssen aktiv werden und die laufende Katastrophe bremsen, bevor an noch mehr Orten dieser Welt die Ernährungssysteme kollabieren – mit allen sozialen und existenziellen Folgen."
Der Protest findet an der Kreuzung Ebertstraße/Straße des 17. Juni in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors statt. Bei stehendem Verkehr betraten die Protestierenden mehrere Fahrstreifen. Gleichzeitig brachten weitere Unterstützer:innen der Letzten Generation mit einem Transporter elf Strohballen und einen großen Heuballen, die sie auf der Straße hinter den Protestierenden platzierten. Anschließend reihten sich Amelie Deschler und Norbert (62), ehemaliger Biobauer, zu den friedlichen Menschen auf der Straße ein.
Schon heute sind über 250 Millionen Menschen weltweit von akutem Hunger betroffen. [1] Die Erderhitzung verschärft die bereits bestehende Ernährungskrise immer weiter. Schnell einsetzende Blitzdürren, lang anhaltende Trockenperioden sowie starke Regenfälle gefährden Ernten weltweit und führen sowohl zu Qualitäts- als auch zu gravierenden Ertragseinbußen bisher ungekannten Ausmaßes. Die Maiserträge beispielsweise, die in vielen Regionen entscheidend für die Ernährungssicherheit sind, könnten bis zum Ende des Jahrhunderts global um fast ein Viertel zurückgehen. [2]
Der Deutsche Raiffeisenverband, Dachverband der genossenschaftlich organisierten Unternehmen der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft, warnt: Auch in Deutschland werden verlässlich gute Ernten immer schwieriger. [3]
Neben dem Protest mit solidarischen Landwirt:innen finden auch heute Morgen wieder Blockaden in der Berliner Innenstadt und auf der Autobahn A 100 statt. Mit ihrem unbeirrten und unbefristeten Protest setzen die Unterstützer:innen der Letzten Generation ein klares Zeichen: Wir müssen bis spätestens 2030 aus Öl, Gas und Kohle aussteigen – das fossile Weiter-So führt uns in den gesellschaftlichen Kollaps. Bis die Regierung Scholz die dringend benötigte Wende einleitet, wird der Protest auf Berlins Straßen fortgesetzt.
[1] Neuer UN-Bericht zur globalen Nahrungsmittelkrise: Eine Viertelmilliarde Menschen betroffen – Vereinte Nationen – Regionales Informationszentrum für Westeuropa (unric.org)[2] Studie: Klimawandel gefährdet unsere Ernten stärker als gedacht – SWR Wissen
[3] Extensivierung gefährdet Versorgungssicherheit Deutscher Raiffeisenverband e.V.
Foto & Autor © Letzte Generation.
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