Breites Bündnis fordert Transparenz und wissenschaftliche Begleitung beim Klima-Sondervermögen
Am Vortag der Diskussion zum Klima-Sondervermögen im Abgeordnetenhaus meldet sich die Berliner Zivilgesellschaft zu Wort. Über 40 Vertreter*innen von Verbänden, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft üben in einem offenen Brief scharfe Kritik am derzeitigen Gesetzesentwurf. Sie fordern wissenschaftliche Expertise, Transparenz und die Einberufung einer Klima-Taskforce. Ihre Hauptkritik machten sie heute in einer Protestaktion vor dem Roten Rathaus deutlich.
"Wo Klima draufsteht, muss auch Klima drin sein",
erklären die Unterzeichnenden, zu denen neben vielen Vertreterinnen der Berliner Klima- und Umweltszene auch der Berliner Mieterverein, das Aktionsbündnis Fairer Handel Berlin, die Clubcommission – Netzwerk der Berliner Clubkultur e.V. und die Stiftung Entrepreneurship gehören. Sie sehen besorgt auf die Absichten des Senats, ein Sondervermögen an den Berlinerinnen vorbei zu beschließen:
"Derzeit sehen wir die deutliche Gefahr, dass die vorgeschlagene Prozessarchitektur nicht dem langfristig sinnvollen klimapolitischen Umbau der Stadt dient."
Stefan Zimmer, Sprecher von Klimaneustart Berlin, erläutert:
"Fünf Milliarden Euro dürfen nicht einfach so hinter verschlossenen Türen vergeben werden. Eine Sanierung der Polizeiwachen mit Mitteln aus dem Sondervermögen darf es nicht geben. Um sicherzustellen, dass das Geld zielgerichtet für eine schnellere Klimaneutralität eingesetzt wird, fordern wir deshalb eine Klima-Taskforce. Diese soll mit einem hohen wissenschaftlichen Anspruch und zivilgesellschaftlicher Verankerung die vorgeschlagenen Maßnahmen des Senats bewerten und beurteilen. Wenn der Lenkungsausschuss diesen Empfehlungen nicht folgen möchte, sollte das gut begründet werden."
Klimaneustart Berlin, die Initiator*innen des Volksentscheids Berlin 2030 Klimaneutral, hatten zur Unterzeichnung des Briefs aufgerufen. Das Sondervermögen war im Juli 2023 beschlossen worden und auch als eine Reaktion auf den anstehenden Volksentscheid interpretiert worden. Warum nun ohne wissenschaftliche Beratung über den zusätzlichen Klimafonds entschieden werden soll, kritisiert auch Julia Epp, Vorsitzende des BUND Berlin und Mitglied im Berliner Klimaschutzrat:
"Das Abgeordnetenhaus selbst hat den Berliner Klimaschutzrat einberufen. Wir sollen die Senatsverwaltungen in Klimaschutzfragen beraten, werden aber nun in diesen Prozess nicht eingebunden. Das ist extrem kontraintuitiv – einen Expertenrat einzuberufen, der nicht beraten soll. Es gäbe durchaus einiges zu tun: Im Errichtungsgesetz wird eine evidenzbasierte CO2-Methode als Entscheidungsgrundlage genannt. Da sehen viele Mitglieder des Klimaschutzrates Schwierigkeiten, denn es gibt viele Methoden zur CO2-Bilanzierung. Eine Beratung durch die zahlreichen Expertinnen und Experten im Klimaschutzrat zu den Vor- und Nachteilen der vom Senat vorgeschlagenen Methode ist daher dringend geboten!"
Reiner Wild, ehemaliger Geschäftsführer vom Berliner Mieterverein und ebenfalls Mitglied im Klimaschutzrat, schließt sich der Kritik an:
"Wir begrüßen, dass das Land Berlin sich stark im Klimaschutz engagieren will. Die Frage ist nur, ob das Geld jetzt auch zielgerichtet und sachgerecht eingesetzt wird. Im Rahmen des Energie- und Klimaschutzprogramms haben wir pro Jahr ein Budget für Klimaschutz zwischen 19 und 21 Millionen Euro. Die Frage ist, ob die Stadt diese Investitionen überhaupt verarbeiten kann, um das Geld auch sinnvoll einzusetzen. In der Breite der Stadtgesellschaft ist die Verwendung dieses Sondervermögens im Grunde gar nicht angekommen. Aber ohne Wissenschaft, Zivilgesellschaft und die Bezirke wird die Umsetzung eines solchen Sondervermögens gar nicht möglich sein. Wir brauchen daher eine sinnvolle Verkopplung mit Maßnahmen aus dem BEK und dem Sondervermögen."
Die Forderungen im Überblick:
- Wissenschaftliche Expertise: Klimaschutzrat bei der Erstellung des Gesetzes als beratendes Gremium einbeziehen!
- Beteiligung: Klima-Taskforce einberufen – ein unabhängiges Fachgremium aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Verbänden
- Kein Etikettenschwindel: Das Sondervermögen muss für Klimaschutz und -anpassung ausgegeben werden und nicht dafür, Positionen aus dem bisherigen Haushalt zu streichen oder zu verlagern!
- Transparenz: Der Lenkungsausschuss muss erklären und begründen, welche Maßnahmen mit welcher Methodik ausgewählt werden
Die Initiative Klimaneustart Berlin
Das Volksbegehren “Berlin 2030 klimaneutral” wurde 2021 von Klimaneustart Berlin initiiert und wird von einem Bündnis aus über 40 Initiativen und Verbänden unterstützt. Mit dabei sind u.a. Fridays for Future Berlin, Yesil Çember, NaturFreunde Berlin, Sirplus, Ecosia und Jusos Berlin. Klimaneustart Berlin versteht sich als zivilgesellschaftliche Initiative, die den Austausch zwischen Bürger:innen, Wissenschaft und Politik in Berlin vorantreibt. Die Erklärung der Klimanotlage sowie die Einberufung des Klima- Bürger:innenrates gehen auf erfolgreiche Volksinitiativen von Klimaneustart Berlin zurück.
Autor © Klimaneustart Berlin.
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