2. April 2025 zuletzt aktualisiert am 4. Juni 2025

Ein hoher CO2-Preis ist in Zeiten globaler Krisen ein zentraler Pfeiler der europäischen Sicherheitsarchitektur. Ein „Kiel Policy Brief“ unter Mitwirkung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) quantifiziert den sicherheitspolitischen Mehrwert einer ambitionierten EU-Klimapolitik. Diese sorgt für weniger Energie-Einnahmen für Russlands Staatshaushalt – und ist deshalb keine konkurrierende Priorität zur Verteidigung, sondern ihre strategische Ergänzung.

Gedanklicher Ausgangspunkt der beim Institut für Weltwirtschaft Kiel veröffentlichten wissenschaftlichen Publikation ist der Einfluss des weltweiten Ölverbrauchs auf Russlands Kriegskasse. Der Wirkmechanismus entfaltet sich demnach wie folgt: Eine geringere Ölnachfrage in der EU senkt den Weltmarktpreis, ein Teil des Wertverlusts trifft Russland. Reduzieren europäische Staaten ihre Ausgaben für Öl um 1 Euro, verliert Russland ungefähr 13 Cent an Einnahmen für den Staatshaushalt, eine Kompensation durch Importe anderer Länder ist hier bereits eingepreist.

In Kriegszeiten dürfte sich dieser Rückgang eins zu eins auf die russischen Militärausgaben niederschlagen. Niedrigere russische Militärausgaben verringern wiederum den Druck auf die Verteidigungsausgaben der EU. Unter dem Strich bedeutet jeder eingesparte Öl-Euro der EU eine sogenannte sicherheitspolitische Dividende von 37 Cent. Um diesen Betrag könnte die EU dann ihre Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung reduzieren, ohne im Verhältnis zu Russland an geopolitischer Stärke zu verlieren. Oder umgekehrt betrachtet hat jeder eingesparte Öl-Euro einen Mehrwert für die EU wie 37 Cent zusätzliche Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung.

Deutsches Tempolimit spart jährlich 2 Milliarden Euro Verteidigungsausgaben

Anhand der Berechnungen der Autoren lässt sich auch der geopolitische Nutzen bzw. Schaden aktueller klimapolitischer Entscheidungen der EU bzw. Deutschlands beziffern. So entspräche ein deutsches Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Bundesstraßen, die bis 2030 etwa 33 Millionen Tonnen CO2 einsparen würde, über die entsprechend geringere Ölnachfrage einer sicherheitspolitischen Dividende von rund 2 Milliarden Euro pro Jahr. Diese müsste dann nicht in einen Verteidigungshaushalt fließen.

Gibt die EU den Automobilherstellern nicht wie jetzt vorgesehen mehr Zeit, ihre CO2-Flottengrenzwerte einzuhalten, entspräche dies einer sicherheitspolitischen Dividende von etwa 3 Milliarden Euro pro Jahr. Und ein komplettes Einstellen des EU-Ölverbrauchs entspräche einer sicherheitspolitischen Dividende von 104 Milliarden Euro pro Jahr – mehr als das gesamte deutsche Sondervermögen Bundeswehr aus dem Jahr 2023.

Autor © Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) e. V.

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Von vdW-Media

Herausgeber vdW-Media Redaktion ~ Armin von der Werth Armin von der Werth, Jahrgang 1959, lebt in Berlin und arbeitet seit vielen Jahren als Journalist in unterschiedlichen redaktionellen Bereichen und als Betriebswirt. Die vdW-Media Redaktion steht für fundierte und gut verständliche Inhalte qualifizierter Fachautoren. Seit 2019 ist die Redaktion ein verlässlicher Partner in der Veröffentlichung ausgewählter Inhalte in den Bereichen Klima- und Umweltschutz. Gemeinsam mit dem vdW-Media Netzwerk aus Fachexperten bietet vdW eine zielgruppengerechte Textauswahl aus wissenschaftlichen Artikeln, Branchenberichten, Ratgeber-Texten und journalistischen Beiträgen. Anspruch ist es, den Leser zu informieren, zu inspirieren und ihm einen echten Mehrwert zu bieten. ebooks: • Wollen wir den Klimanotfall? • Klima- und Umweltschutz Ratgeber • Klima- und Umweltschutz Manual • Fotos von Klimaprotesten in Deutschland • Alltagsleitfaden für Klima- und Umweltschutz • Klima- und Umweltschutz für Einsteiger

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