Willkür und Verhältnislosigkeit in BayernWillkür und Verhältnislosigkeit in Bayern
zuletzt aktualisiert am 23. Juli 2024

Den Konflikt mit der Politik wird nicht die Justiz lösen.

Foto: Unterstützer:innen der Letzten Generation heute morgen in Münchener Innenstadt. Mit den Tennisbällen wird an den verheerenden Hagel vor einer Woche erinnert.

Es ist ein vollkommenes Durcheinander, das sich im Freistaat Bayern gerade im Umgang mit der Letzten Generation vor den Kipppunkten abzeichnet.

Letzten November hatte sich das bayerische Innenministerium unter Joachim Herrmann noch umfänglich öffentlich rechtfertigen müssen, friedliche Protestierende mehrere Wochen hinter Gitter zu sperren. Heute sitzen 27 Bürger:innen in der JVA Stadelheim und Memmingen.

Zum Teil sind sogar 30 Tage angeordnet. Jene 30 Tage, die Bayerns Anti-Terror Gesetz möglich macht, und zu denen Joachim Herrmann letztes Jahr nach großer öffentlicher Empörung sagte:

"Ein Gewahrsam von 30 Tagen muss auch in Zukunft die absolute Ausnahme sein".

Erinnern Sie sich noch, Herr Herrmann?

Doch fragen wir uns nicht nur, was seitdem passiert ist und wieso nun friedliche Bürger:innen, die ihr verfassungsmäßiges Recht, sich zu versammeln, wahrnehmen, eingesperrt werden.

Was wir gerade sehen, ist eine Form von Chaos und Willkür, mit welcher gegen unseren Protest in Bayern vorgegangen wird. Da wird manchmal eine Straßenblockade durch die Polizei als Versammlung gewertet, die dann mit aller Ruhe aufgelöst wird und an anderer Stelle werden Menschen von der Straße gerissen, als wäre der Autoverkehr das größte Gut, das es in unserer Gesellschaft zu schützen gilt.

Da wird manchen Nötigung und Widerstand vorgeworfen und anderen erklärt, dass ihr Verhalten nur eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Da werden manche aus dem Polizeigewahrsam direkt wieder entlassen und Andere einem Haftrichter vorgeführt und für 30 Tage in die JVA gesteckt. Wohlgemerkt auch, wenn sie am selben Tag zum selben Zeitpunkt auf derselben Straße nebeneinander saßen. Da wird eine Person wegen ihres Protests gleich doppelt angezeigt und eine andere gar nicht. Da suchen Polizeibeamt:innen eine Protestierende in der Gefangenensammelstelle vergeblich, die kurz zuvor von Kolleg:innen entlassen wurde und tun dies mit einer Bemerkung ab wie:

"Ach, morgen ist die eh wieder da.”

Und nein, wir wollen der Polizei und den Gerichten keinen Vorwurf dafür machen, wie es hier nun anklingen mag.

Was wir verurteilen ist, dass die Politik ihrer Verantwortung in der Klimakrise nicht nachkommt. Anstatt Verantwortung zu übernehmen und sich mit den Protest-Ursachen und damit mit ihren eigenen Verfehlungen auseinanderzusetzen, lässt sie die Polizei und Justiz, in einer für einen Rechtsstaat unwürdigen Art und Weise, störenden Protest verurteilen und wegsperren.

Diese Verantwortungslosigkeit der Politik wird uns zwangsläufig in die Klimakatastrophe führen.

Außerdem wird immer deutlicher: Diese Strategie der bayerischen Politik scheitert.

Entschlossene Menschen, die sich entschieden haben, für ihre Grundrechte einzutreten, lassen sich langfristig nicht durch Gewahrsam und Strafen davon abhalten, zu protestieren.

Herr Söder, unser Protest richtet sich an Sie! Die Proteste in Bayern lassen sich nicht über die Polizei und Justiz bearbeiten. Sie sehen selbst: Das geht nach hinten los. Sie kommen nicht drumherum sich mit den Gründen unseres Protestes auseinanderzusetzen.

"Schöne heile Welt hier - wie lange noch?”

steht auf unseren Transparenten. Die Frage kann jeder selbst beantworten, dessen Autoscheiben von tennisballgroßen Hagelkörnern zerschlagen und deren Alltag in den letzten Wochen von Überschwemmungen und Extremwetter auf den Kopf gestellt wurde.

Gerade wiederholt Bayern die Blamage vom letzten Herbst. Gerade jetzt, in Anbetracht der heute sichtbar werdenden Klimakrise, ist es Zeit, dass die Politik sich ihrer Verantwortung stellt und den Konflikt nicht weiter an Polizei und Justiz auslagert.

Updates:

Mit einem Protestmarsch in der Münchener Innenstadt demonstrieren aktuell Unterstützer:innen der Letzten Generation und werden dabei von der Polizei in der Maxburgstraße eingekesselt. Unter den Protestierenden ist auch der Jesuiten-Pater Jörg Alt. Die Protestierenden führen als Mahnung an das verheerende Unwetter vor einer Woche in Bayern Tennisbälle mit sich. Tennisballgroße Hagelkörner hatten Häuser und PKWs zerstört und zahlreiche Tiere erschlagen - Extremwetter nehmen in der Klimakatastrophe an Häufigkeit zu.

15 Unterstützer:innen der Letzten Generation wurden nach Sitzblockaden gestern in Gewahrsam genommen, 12 davon wurden gestern wieder frei gelassen. Drei weitere Personen wurden über Nacht in München im Polizeigewahrsam festgehalten. Die Vorführung zum Haftrichter soll noch diesen Vormittag erfolgen, um über beantragten Präventivgewhrsam zu entscheiden. Eine der Personen ist Kai Arne Springorum. Jener vierfache Vater, der Markus Söder gestern im Bierzelt auf dem Gillamoos konfrontiert hat.

Foto & Autor © Letzte Generation.

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