NABU fordert Bund und Länder auf, sich an wissenschaftliche Fakten zu halten
Wie das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer gemeinsamen Pressemitteilung verkündeten, wird im aktuellen FFH-Bericht für den Wolf vorerst ein „unbekannter“ Erhaltungszustand nach Brüssel gemeldet.
Das ist sehr verwunderlich, hat Deutschland doch eines der besten Wolfsmonitorings in ganz Europa,
sagt NABU-Wolfsexpertin Marie Neuwald.
Die Kategorie „unbekannt“ ist von der EU nur vorgesehen, falls die Datengrundlage für eine Bewertung nicht ausreichen sollte. Vielmehr verdeutlichen die Ministerien, dass um die Einordnung des Erhaltungszustands gerungen wird, und zwar politisch, nicht fachlich. Die letzten Jahre schon gab es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die gemeinsam eine wissenschaftliche Methode zur Bestimmung des Erhaltungszustands entwickelt hat. Nur passt das Ergebnis einigen Bundesländern nicht, nämlich dass die kontinentale Region noch als „ungünstig“ bewertet wird, da es in weiten Teilen Süd- und Westdeutschlands bisher nur sehr wenige Wölfe gibt.
Eine Methode so lange anzupassen, bis das Ergebnis für die eigenen Ziele passt, ist fachlich schlicht falsch. Artenschutz ist kein Wünsch-dir-was der Politik,
so Neuwald.
Verwunderlich ist zudem, dass in dieser gemeinsamen Pressemitteilung nur auf den Wolf eingegangen wird. Wie steht es um den Erhaltungszustand der immerhin 300 weiteren EU-weit geschützten Arten und Lebensräume? Der Wolf ist ein Positivbeispiel dafür, dass Artenschutz greift und sich ein Bestand verbessern kann.
Leider ist das für die meisten anderen Arten und Lebensräume bisher nicht der Fall. Darüber darf nicht hinweggesehen werden. Vielmehr braucht es mehr denn je gemeinsame Pläne von Naturschutz und Landwirtschaft. Die beiden hierfür zuständigen Ministerien sollten mit gutem Beispiel voran gehen, statt sich nur auf eine Art zu fokussieren,
fordert Neuwald.
Zum Hintergrund:
Der offiziell festgestellte Erhaltungszustand von Arten der EU-Naturschutzrichtlinie (FFH) bestimmt deren Schutzzstatus. Ist dieser „günstig“, darf auch in die Bestände geschützter Arten bis zu einem gewissen Grad eingegriffen werden. Ein günstiger Erhaltungszustand wäre grundsätzliche Voraussetzung für die Bejagung des Wolfes. Was gerne übersehen wird: Management, sprich begrenzter Abschuss, ist nur erlaubt, wenn der Erhaltungszustand auch danach „günstig“ bleibt.
Der NABU lehnt eine generelle Bejagung des Wolfs als nicht zielführend ab. Abschussquoten würden den Herdenschutz nicht verbessern, denn auch wenige Wölfe können großen Schaden anrichten, wenn sie auf ungeschützte Weidetiere treffen. Die aktuelle Rissstatistik zeigt: Auch ohne Bejagung sinkt bei verbessertem Herdenschutz die Zahl der Risse, letztes Jahr sogar um 25 Prozent.
Autor © NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.)
- Drei Grad bis 2050: Und keiner reagiert? - 2. Oktober 2025
- Sieben von neun planetaren Grenzen überschritten – Ozeanversauerung im Gefahrenbereich - 24. September 2025
- Liebe Bundesregierung! Die Politik hat eine klare Wahl - 1. September 2025